Mit «Gjät» zum Erfolg
Brennnesseln, Beinwell, Heidenelken und Kornblumen: Sechzig unterschiedliche Arten von Wildkräutern und Wildblumen gedeihen auf dem Hof von Familie Schori. Hinter der Samen und Kräuterproduktion stecken viel Handarbeit, Herzblut und wissen.
Auf der Anhöhe zwischen Detligen und Lobsigen offenbart sich einem ein wunderbarer Ausblick auf das Berner Seeland. Grosse Felder mit Gemüsekulturen gehören hier ins Landschaftsbild. Umso mehr hebt sich oberhalb des Dorfes Lobsigen der Betrieb von Familie Schori ab: Auf den Feldern stehen weder Kühe noch Salatköpfe – sondern jede Menge Blumen und Kräuter. Und jedes der Pflänzchen wächst in seiner Wildform. Das hat Schoris auch schon den Ruf eingebracht, dass sie Unkraut züchten würden. Aber für Hans Schori, den Initianten der ganzen Wildpflanzenkultur, ist klar, dass Wildkräuter, selbst wenn es «nur» Brennnesseln sind, ihren Wert haben.
Er hat sich im Laufe der Jahre ein grosses Wissen angeeignet und weiss mittlerweile, welches Kraut gegen welches Wehwehchen gewachsen ist. Die zwölf Arten an Wildkräutern, die Schoris pflanzen, wirken vor allem entzündungshemmend. Und weil ihn die Futtermittelskandale der letzten Jahrzehnte aufgewühlt haben, begann er, Kräutermischungen herzustellen, die beispielsweise an Schafe und Ziegen verabreicht werden können, wenn sie von Würmern befallen sind. So ganz einfach ist die Sache mit den Heilpflanzen aber nicht. Immer mehr der Gewächse werden von Amtes wegen auf die «rote Liste» gesetzt und dürfen nicht mehr einfach so verwendet werden. Alles ist streng kontrolliert, und als «Heilmittel» dürfen Schoris auch nichts vermarkten. Der grösste Teil der gut dreissig Tonnen getrockneten Kräuter gelangt in den Pferdefuttersektor. Das hindert Hans Schori und seinen Sohn David, welcher den Betrieb dereinst übernehmen wird, aber nicht daran, ständig neue Mischungen auszuprobieren und sich so kleine Nischen zu suchen.
Selber entwickelte Maschinen
Angefangen mit den Wildpflanzen hat alles Mitte der Neunzigerjahre, als sich Hans Schori aus gesundheitlichen Gründen gegen die Milchwirtschaft, die seinen Betrieb zuvor geprägt hatte, entschied. Die Schweinehaltung, eine Alternative zu den Kühen, erachtete er als zu unrentabel, und als er ein Inserat in der Zeitung sah, in dem Wildpflanzenproduzenten gesucht wurden, schwenkte er auf diesen Zweig um. Fortan pflanzten Schoris nebst Getreide wie Mais also Wildblumen zur Samengewinnung und Wildkräuter als Futtermittelzusatz. «Vom Aussäen bis zur Samengewinnung ist die Produktion von sehr viel Handarbeit geprägt», sagt Hans Schori. Nur mit eigens entwickelten Maschinen könnten einige Arbeitsschritte erleichtert werden. Aber die rund 250 000 Töpfli mit den Jungpflanzen zum Beispiel werden von Hand gepflanzt. Und auch wenn einige Leute denken, Schoris würden Unkraut züchten – die Plantagen wollen gejätet sein. Und auch das passiert von Hand.
Anmeldung vergessen
«Als wir im Jahr 2000 den agroPreis gewonnen haben mit unseren Kulturen, war das schon eine grosse Freude und Genugtuung», sagen Schoris einhellig. Die treibende Kraft sei aber Hans gewesen, sagt Susanne Schori. Aber nach der Anmeldung hätte er die Eingabe etwas vergessen– und als plötzlich das Telefon geklingelt und man ihm mitgeteilt habe, dass er soeben zum agroPreis-Gewinner gekürt worden sei, sei er etwas erschrocken. Die Reaktionen auf den Gewinn seien zwiespältig gewesen. Einerseits rückten Schoris ins Rampenlicht und profitierten von der Werbung, andrerseits machten sie Bekanntschaft mit Neidern. Nichtsdestotrotz: Schoris sind nach wie vor sehr motiviert, ihren Betrieb, von dem sie gut leben können, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Noch immer wird viel gepröbelt und man versucht herauszufinden, wo die grösste Wertschöpfung von Grund und Boden liegt – und dies im Einklang mit der Natur. Dass sich Rehe und Wildschweine manchmal zu gerne in Schoris Kulturen aufhalten, sei mühsam. Umso mehr Freude macht Schoris das «Wildbluemehüsli», welches sie für diverse Anlässe vermieten. Die Apéros oder Essen für die zahlreichen Gäste machen Schoris selber. Der Prachtgarten rund um das «Wildbluemehüsli» zeigt, dass Susanne und Hans Schori ihren Beruf auch zum Hobby gemacht haben.