«Wir suchten etwas Passendes für die Hofstatt»
Eine stattliche Hofstatt («Hoschtet») vor den grossen Dreisässenhäusern gehört im Emmental zum Landschaftsbild. Als die Landwirte von Ballmoos und Bachmann vor fünfzehn Jahren mit der Milchviehhaltung aufhörten, überlegten sie sich, wie die mit Hochstämmern bestückten wiesen vor dem Haus sinnvoll genutzt werden könnten. In Schottland wurden die Bauern fündig.
Irgendwie war es Liebe auf den ersten Blick, als die Landwirte aus Lyssach auf einer ihrer Reisen nach Schottland die struppigen Highlanders entdeckten. Als in der landwirtschaftlichen Schule Rüti bei Zollikofen dann auch noch Hochlandrinder ausgestellt wurden, nahm es den Lyssacher Landwirten «den Ärmel rein», wie sie einhellig sagen. Bereits vor 25 Jahren gründeten Samuel von Ballmoos und Urs Bachmann eine Betriebsgemeinschaft und bewirtschafteten die rund 75 Hektaren fortan gemeinsam. Damals gab es noch Milchkühe auf den Betrieben. Doch im Jahr 2000 verabschiedeten sich die beiden Bauern von den Kühen und hielten Ausschau nach einem guten Ersatz.
Die Highland-Beef AG
Der Ersatz, das sollte ein Tier sein, das geeignet war, die 10 Prozent ökologische Ausgleichsfläche und die schlecht zu bewirtschaftende Hofstatt zu nutzen. Der Rest des Landes wird intensiv bewirtschaftet; Kartoffeln und Zuckerrüben werden hier gepflanzt. Ja, und kaum hatten sich die Bauern in die genügsamen Hochlandrinder verliebt, reisten sie ins Zürcher Oberland und knüpften dort erste Kontakte mit Bauern, die bereits Hochlandrinder besassen. «Wir wollten zwei, drei der Tiere kaufen – zurück kamen wir mit vierzehn Stück und einem Stier», sagt Samuel von Ballmoos lachend. «Und natürlich waren wir flugs die Spinner im Dorf», ergänzt Vater Bachmann. Aber die beiden Bauern liessen sich ob den Unkenrufen die Lust auf innovative Schritte nicht verderben. Zusammen mit drei Landwirten aus dem Züribiet gründeten sie die Highland-Beef AG und suchten einen Metzger, der die Tiere mit guter Fleischqualität schlachtete. Auch hier wurden sie im Kanton Zürich fündig. Alsbald vermarkteten die Bauern ihr Fleisch professionell. «Wir haben viele andere Vermarktungsmodelle studiert und begannen, das Fleisch unserer Hochlandrinder als Spezialität direkt ab Hof zu vermarkten.» Mit grossem Erfolg.
Neue Strukturen und Ziele
Im ersten Jahr gelangten 100 Tiere ins Schlachthaus, heute sind es jährlich über 300 Tiere, die geschlachtet und verkauft werden. Die Hochlandrinder sind gute Verwerter von altem Ökoheu, sie werden als Mutterkühe gehalten und leben in grosszügigen Freilaufställen, welche sie nach Lust und Laune verlassen können. «Die Tiere passen einfach allenthalben hierher», zeigen sich die Bauern überzeugt. Nur eine kleine Veränderung gab es in den letzten Monaten. Der bisherige Metzger stellte per Ende Juni 2012 seinen Betrieb ein – und die Bauern mussten sich auf die Suche nach einem neuen Partner machen. Sie fanden ihn in Lyssach, und seit dem 1. Juli werden die Hochlandrinder von der Lüthi AG geschlachtet. Für die Zukunft wünschen sich die Preisgewinner aus dem Jahr 2002, dass sie ihre hohe Qualität halten und den Absatz steigern können. Geplant ist auch ein Hofladen. Zudem seien sie immer ein wenig «am Schauen», verrät Samuel von Ballmoos. «Wir wollen auch in Zukunft marktfähig sein.» Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der stattlichen Höfe sind längst realisiert, politische Aktivitäten und das Verfolgen aller Entwicklungen im landwirtschaftlichen Sektor gehören ganz klar dazu bei diesen Bauern. «Es ist wichtig, dass wir Bauern uns in der Öffentlichkeit zeigen», so von Ballmoos. Ein grosser öffentlicher Akt war damals der Gewinn des agroPreises, für welchen sie sich «einfach mal angemeldet» hätten. Der Gewinn sei eine Genugtuung gewesen – und das Geld sei direkt in die Werbung der Vermarktungsgesellschaft geflossen. Immer am Muttertag Anfang Mai findet auf dem Hof das traditionelle Hoffest statt, ein Treffpunkt für Alt und Jung. Oft reisen sie an Messen, um ihr besonderes Produkt einer noch breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Und wenn man den Rindern in der «Hoschtet» so zuschaut, wird eines gewiss: Sie sind glücklich mit ihrem genügsamen, ruhigen Leben.