«Das Preisgeld haben wir bereits investiert»
Brigitte Durrer-Ramsauer wollte immer Bäuerin werden. Aber bald schon merkte sie, dass ihr Traumberuf viel mit Überlebenskampf zu tun hat. Also dachte sie über einen Zusatzerwerb nach, investierte ihr Erspartes und griff auf ihren erlernten Beruf Konditor-Confiseur zurück. Seit Herbst 2008 produziert sie daheim in Kerns feinste Schoggierzeugnisse, die grossen Anklang finden.
Eine ganze Hasenpopulation steht da in der kleinen Backstube, die vor einigen Jahren noch ein Abstellraum war. Liebevoll verziert, hübsch abgepackt warten die Osterhasen auf ihre Reise zum Kunden. Daneben stehen Schachteln mit Pralinen, Schüsseln mit Schoggi-Masse. Lina, das kleine Mädchen der Durrers, geht ganz selbstverständlich an all den Süssigkeiten vorbei. Kein Geschrei, keine Diskussion. Beim Kaffee allerdings, als die Mutter ein paar Kostproben auftischt, ist die Kleine dann auch nicht mehr zu halten. Sie hat längst gemerkt, dass Mama da was ganz Feines zaubert, wenn sie für ein paar Stunden in die Backstube verschwindet.
Seit Brigitte Durrer den agroPreis gewonnen hat, hat sich ihr Kundenkreis erheblich vergrössert. Abheben mag die stille Bäuerin deswegen nicht, und es ist für sie auch klar, dass sie nur so viele Bestellungen entgegennimmt, dass sie und ihr Mann das Pensum selber bewältigen können. «Früher habe ich oft im Stall geholfen», sagt die gebürtige Bauerstochter aus dem Appenzell. «Heute ist es eher so, dass mein Mann die Kinder hütet, wenn ich in der Backstube bin.»
Erste Versuche mit Glacé
Dass sie heute einen kleinen Laden mit eigener Produktion führt, sei eher Zufall denn Absicht gewesen, sagt sie bescheiden. Und dass es «Migi’s Schoggi-Gädäli» heisse, habe damit zu tun, dass der Hof ihres Mannes seit Generationen der «Migi-Hof» sei; dass sie mit Migi’s Dominik verheiratet sei. «Dieser Name geht auf Remigius zurück, einer der Ahnen war nach dem Heiligen benannt», erklärt die Jungbäuerin. Und weiter: «Unser Betrieb ist halt recht klein, und nach der Heirat habe ich noch auswärts als Konditorin gearbeitet.» Aber dann seien die Kinder gekommen und der Wunsch, daheim zu bleiben, habe sich verstärkt. Dann war da auch die Idee, die eigene Milch, den Rahm, die Nüsse und die Beeren aus dem Garten selber zu verarbeiten, die Wertschöpfung des Hofes, den Durrers von den Schwiegereltern übernommen haben, zu steigern. Diskussionen über Innovation auf Bauernbetrieben habe sie immer verfolgt, mit Interesse darüber gelesen. So begann Brigitte Durrer im Sommer 2008 mit der eigenen Glacé-Produktion. Für den Weihnachtsmarkt fertigte sie dann Pralinen und andere Spezialitäten an und zeigte sich damit erstmals einer breiten Öffentlichkeit. Ein grosser Schritt für die eher schüchterne, zurückhaltende Frau. Aber die Reaktionen waren sehr gut und bald riet ihr jemand, sich für den agroPreis zu bewerben.
Grosse Nervosität und Zweifel
Sie tat es. Allerdings mit Unterstützung der Schwägerin, die es «besser gewohnt ist, Formulare auszufüllen». Das Auswahlverfahren habe sie nervös gemacht, verrät sie. Und als sie gehört habe, dass sie nominiert worden sei, sei es endgültig vorbei gewesen mit der Ruhe. Dann diese Reise an die OLMA in St. Gallen, wo der Gewinner schliesslich genannt werden sollte. Brigitte Durrer war nervös – und als ihr Name fiel, konnte sie erst gar nicht glauben, was sie da gehört hatte. «Ich dachte, mein Betrieb sei viel zu klein, um eine Chance zu haben», sagt sie selbstkritisch. Und es habe Wochen gedauert, bis sie sich darüber richtig habe freuen können. Nicht weil sie undankbar wäre, aber: «Die Preisverleihung war im November, das Weihnachtsgeschäft stand an und ich hatte gar keine Zeit, darüber nachzudenken.» Erst nach Neujahr seien die Freude und das Bewusstsein richtig eingekehrt. Und da habe sie auch realisiert, wie ihr Umfeld die Freude mit ihr geteilt habe. «Ob es auch Neider gab, weiss ich nicht, die zeigen sich in der Regel nicht offen», sagt Brigitte Durrer und fügt an: «Das Geld floss direkt in den Betrieb, so haben wir später vielleicht eine Reserve, um einen neuen Backofen zu kaufen.» Brauchen wird sie den, denn nebst Privatkunden melden sich auch immer mehr Restaurants und öffentliche Stellen bei ihr, wenn sie auf der Suche nach einer originellen Köstlichkeit aus Schokolade sind.