Ausgewandert – aber ohne Minikiwis
Nachdem Markus Keller mit seinen Minikiwis endlich den Durchbruch geschafft hatte, wanderte er aus. Doch sein Projekt lebt weiter. Seine Mutter Lisa, sein Bruder David und dessen Frau Katja hegen und pflegen die Kiwi-Kultur weiter.
«Nein, nein, ein Bauer war Markus nie», sagt Lisa Keller über ihren ältesten Sohn Markus. «Er ist mehr der Kopfmensch.» So hat das Projekt «Minikiwi-Anbau in der Schweiz» auch angefangen: auf dem Papier. «Markus war gerade an seiner Doktorarbeit und kam eines Tages mit der Kiwi-Idee zu uns», erzählt die 73-jährige Bäuerin aus Truttikon im Zürcher Weinland. «Er wollte 70 Aren für seine Kiwis.» Lisa und ihr Mann Hans, der vor zwei Jahren gestorben ist, liessen sich auf den Versuch ein.
Durchbruch nach sechs Jahren
Markus Keller und die ganze Familie tüftelten und chrampften – ohne Erfolg. Die Kiwis wollten einfach nicht so gedeihen, wir Markus dies vorgesehen und berechnet hatte. Erst sechs Jahre später gelang der Durchbruch: Die süssen, kleinen Vitaminbomben wuchsen und mundeten. Die Familie Keller gewann 1993 den agroPreis. Und der «Erfinder» der Frucht verliess das Zürcher Wein- und seit damals auch Kiwi-Land, er liess gleich auch die Schweiz und Europa hinter sich: Agronom Markus Keller lebt heute in den USA an der Westküste und ist Professor für Weinbau. Dort leitet er ein Forschungsteam und gibt Vorlesungen an der Washington State University sowie in Argentinien.
Doch seine Kiwis liegen ihm immer noch am Herzen. «Er erkundigt sich immer, wie es ihnen geht.» Die Arbeit haben nun allerdings andere: Mutter Lisa, sein Bruder David mit seiner Frau Katja, die vor zwei Jahren den Hof übernommen haben, und natürlich auch die restlichen Mitglieder der Grossfamilie. Denn die Minikiwis geben ordentlich zu tun, vor allem in der Erntezeit im Herbst.
Ein gesundes Gummibärchen
Dank dem agroPreis erhielten die Kellers mit ihren Minikiwis auch viel Beachtung in den Medien. «Trotzdem ist es immer noch eine Herausforderung, die Kiwis an die Leute zu bringen», sagt Katja Keller, «viele kennen die Minikiwis einfach noch nicht.» Deshalb fahren die Kellers regelmässig an Märkte, auch nach Zürich an den Bürkliplatz. «Es ist schön, wie die Leute begeistert sind, wenn sie die Früchte probiert haben. Da bekommt man dann zu hören, das sei ein gesundes Gummibärchen! Oder ein gesundes Praliné!»
«Mittlerweile haben wir auch viele Kunden, die auf unsere Ernte warten», erzählt Lisa. «Man kann schon süchtig werden von den Minikiwis.» Angeboten werden Kellers Früchte auch in einigen Läden. In einem guten Jahr ernten die Kellers rund sechs Tonnen Minikiwis. Die Zucht ausbauen wollen sie derzeit nicht. Es sei einfach zu Arbeitsintensiv. Zudem sind mittlerweile andere Betriebe auf den Kiwi-Zug aufgesprungen. «Dank unserem Wissen», sagt Lisa Keller stolz. Das ganze Minikiwi-Know-how ist bei den Kellers in mehrere Schachteln verpackt. Hier lagern die vielen Forschungsunterlagen von Lisas Sohn Markus.
Die neuen Hofbauern David und Katja Keller sind immer noch am Pläneschmieden, was sie aus dem schönen Betrieb mitten im Dorf machen wollen. Derzeit Arbeitet David noch als Landwirtschaftsmechaniker und fährt durch die ganze Schweiz, um schwere Forstmaschinen zu reparieren und zu warten.
Ausser im Herbst: Dann sind alle Hände im Truttiker Kiwi-Garten gefragt. Pflücken, verpacken und etikettieren. «All die Minikiwis abfüllen in Tausende von Schächteli», sagt Lisa und seufzt. «Eine Riesenarbeit!» Doch ihr Blick verrät: Eigentlich freut sie sich schon auf die nächste Ernte. Denn einfach so rumsitzen wäre der engagierten Bäuerin viel zu langweilig.
Informationen zum Projekt
Name
Katja und David Keller, Mutter Lisa Keller
Kinder
Dan und Lynn
Wohnort
Truttikon ZH
Preis
1993 (Der damalige Gewinner Hans Keller ist verstorben, sein Sohn Markus Keller – Initiant des Minikiwi-Anbaus – wanderte an die Westküste der USA aus und ist Professor für Weinbau)
Bereich
Minikiwis
Betrieb
13 ha Minikiwis, Rebbau und Ackerbau und 3 ha Wald